Rohrweihe
Die Rohrweihe (Circus aeruginosus) ist eine paläarktische Greifvogelart aus der Familie der Habichtartigen (Accipitridae). Ihre Brutverbreitung reicht von der zentralen Mongolei bis nach Portugal sowie von Skandinavien bis Nordafrika. Die Überwinterungsgebiete liegen in West- und Zentralafrika, Arabien sowie auf dem indischen Subkontinent. Die Art bewohnt Schilfbestände, Moore, Seeufer und andere Feuchtgebiete in offener Landschaft, aber auch Getreide- und Rapsfelder. Die Brutzeit der Rohrweihe liegt, je nach Breitengrad, zwischen April und August, wobei zwei bis sieben Eier in einem Bodennest in hoher Vegetation ausgebrütet werden. Es werden zwei Unterarten unterschieden, wobei die Nominatform den Norden des Verbreitungsgebiets bewohnt und die Unterart Circus aeruginosus harterti in Marokko, Algerien und Tunesien vorkommt.
Der Rückgang extensiv bewirtschafteter landwirtschaftlicher Flächen, die Trockenlegung von Sümpfen und die Bejagung der Bestände haben im 19. und 20. Jahrhundert vor allem in dichter besiedelten Teilen des Verbreitungsgebietes zunächst zu starken Bestandsrückgängen geführt, die die Rohrweihe jedoch nach 1950 wieder aufholen konnte. Der weltweite Gesamtbestand wird auf etwa hunderttausend Individuen geschätzt.
Die Rohrweihe ist mit 48 bis 62 cm Länge fast bussardgroß, aber erkennbar schlanker und schmalflügeliger. Die Flügelspannweite beträgt bis zu 130 cm. Das Gewicht der Männchen beträgt im Durchschnitt 540 g, das der Weibchen im Schnitt 740 g.
Das größere und schwerere Weibchen ist durchgängig dunkelbraun gefiedert und hat einen hellgelben Kopf. Bei ihnen sind die Schultern und die Flügelvorderhand weißlich bis hellgelb. Der Oberkopf und die Kehle sind ähnlich gefärbt. Durch das Auge verläuft ein dunkler Strich bis zum Hinterkopf.
Beim rostbraunen Männchen sind die mittleren Bereiche der Flügel silbergrau, die Flügelspitzen schwarz. Der Stoß (Schwanz) ist lang und grau, der Kopf hellgrau mit dunkler Strichelung.
Die Rohrweihe ist kräftiger und breitflügeliger als andere Weihen. Beim Segeln und Gleiten hält sie wie alle Weihen die Flügel V-förmig nach oben.
Die Rohrweihe ist in ihrer Lebensweise enger an Schilf- und Röhrichtbestände gebunden als andere Weihen. In den letzten Jahrzehnten kommt es jedoch auch zunehmend zu Bruten in Getreide- und Rapsfeldern. Sie jagt bevorzugt über dem Röhrichtgürtel und den anschließenden Verlandungszonen. Beute schlägt sie aber auch in Dünen und Wiesen. Auf dem Zug rastet die Rohrweihe meist in Feuchtgebieten. Sie ist dann aber auch regelmäßig auf Agrarflächen zu sehen.
Die Strategie der Rohrweihe ist die Überrumpelung ihrer Beute im niedrigen „gaukelnden“ Suchflug mit v-förmig gehaltenen Flügeln. Sie ergreift die Beutetiere meist dicht am Boden, seltener auf dem Wasser oder in der Luft. Die Beute setzt sich zu 70–80 % aus Singvögeln und (zumeist jungen) Wasservögeln wie Enten, Teich- und Blässrallen zusammen. Zur Brutzeit schlägt sie vor allem Küken und Nestlinge und frisst auch Eier ab einer Größe von Elstern-Eiern. Bei entsprechendem Angebot kann der Hauptteil der Nahrung aber auch aus Feldmäusen, Wanderratten, Zieseln, jungen Kaninchen und Hasen sowie Bisamratten bestehen. Daneben gehören in geringem Maße auch Fische, Frösche, Eidechsen und Großinsekten zum Nahrungsspektrum. Die Rohrweihe geht auch an Aas und jagt gelegentlich anderen Vögeln die Beute ab.
Obwohl Vögel ein Teil ihres Nahrungsspektrums sind, findet man nur selten Rupfungen der Rohrweihe. Sie bearbeitet ihre Beute dort, wo sie sie geschlagen hat. Dies sind nicht selten offene Plätze im Röhricht oder auf Pfählen. Anders als eine Reihe anderer Greifvögel hat sie keine festen Rupfplätze.