Kornweihe

Die Kornweihe (Circus cyaneus) ist ein Greifvogel aus der Familie der Habichtartigen (Accipitridae). Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich über weite Teile der nördlichen Paläarktis. Die Art bewohnt großflächig offene, mäßig feuchte bis trockene Habitate wie die offene Taiga, Moore, Heiden, Verlandungszonen und Steppen, regional auch junge Nadelholzaufforstungen und landwirtschaftlich genutzte Flächen.

Kornweihen sind je nach geografischer Verbreitung Standvögel bis Langstreckenzieher, sie überwintern in Mittel- und Südeuropa, im Nahen und Mittleren Osten sowie im südlichen Ostasien. Im mitteleuropäischen Binnenland ist die Art durch Lebensraumzerstörung weitgehend ausgestorben, die Rote Liste der Brutvögel Deutschlands von 2020 stuft sie in die Kategorie 1 als vom Aussterben bedroht ein. Weltweit ist die Art jedoch ungefährdet.

Kornweihen sind mittelgroße, aber relativ schlanke und leichte Greifvögel. Im Flug sind die Flügel an der Basis recht breit, die Flügelspitze wird von vier Handschwingenspitzen gebildet und ist daher recht rund. Die Körperlänge beträgt 42–55 cm, die Flügelspannweite 97–118 cm. Der Vogel ist damit etwa so groß wie ein Mäusebussard. Wie viele Arten der Gattung Circus zeigt auch die Kornweihe einen starken Geschlechtsdimorphismus bezüglich Größe und Färbung. Adulte Männchen aus Europa wiegen 300–400 g und sind damit nicht schwerer als der Wanderfalke (Falco peregrinus). Sie haben eine Flügellänge von 330–362 mm, im Mittel 340,5 mm. Die deutlich größeren und schwereren Weibchen erreichen ein Gewicht von 370–708 g und eine Flügellänge von 338–402 mm, im Mittel 373 mm. Die Kornweihe kennzeichnet sich im Flug vor allem durch den seeschwalbenartigen Gaukelflug dicht über einem Feld. Auffällig ist vor allem auch der weiße Bürzel, den sowohl adulte wie auch juvenile Vögel aufweisen ("Weißbürzelweihen"). Der Flug kann neben Ähnlichkeiten mit den Seeschwalben auch Elemente enthalten, die an den Kiebitz, den Mäusebussard oder den Turmfalken erinnern lassen. Beim Suchflug über dem Feld zeigt die Kornweihe ein auffälliges schnelles Flattern, oft unterbrochen durch bussardartiges Segeln.

Bei adulten Männchen sind Kopf und Hals, Oberseite des Rumpfes, die Oberflügeldecken, die Oberseite der Armschwingen und der inneren Handschwingen sowie die Schwanzoberseite einfarbig blau-grau, der Bürzel ist weiß. Die mittleren und äußeren Handschwingen sind ober- wie unterseits scharf abgesetzt einfarbig schwarz. Die gesamte übrige Unterseite ist bis auf die dunkelgraue Endbinde der Arm- und der inneren Handschwingen einfarbig weiß. Der blaugraue Hals ist von der weißen Unterseite scharf abgesetzt.

Adulte Weibchen sind auf Oberkopf, Hinterhals, Rücken und Oberflügeldecken einfarbig mittelbraun, die kleinen Armdecken sind in der Flügelmitte etwas aufgehellt. Die Schwingen sind oberseits auf graubräunlichem Grund schwärzlich gebändert und zeigen auch eine schwärzliche Spitze. Der Bürzel ist deutlich kontrastierend weiß. Die Steuerfedern sind auf hellbraunem Grund schwarz gebändert und zeigen eine breite schwarze Endbinde. Die Unterseite ist insgesamt heller. Hals, Rumpf und die Unterflügeldecken sind auf gelblich weißem Grund kräftig braun gestrichelt, die Strichelung wird zum Unterbauch hin schwächer. Die Unterseiten von Schwingen und Steuerfedern sind auf hellgrauem Grund breit dunkelbraun bis schwarz gebändert und zeigen eine breite dunkle Endbinde. Der Kopf zeigt einen schmalen dunklen Augenstreif, der ober- und unterhalb des Auges eher undeutlich und schmal weißlich eingefasst ist. Ein Gesichtsschleier ist ausgeprägt und zum Hals hin deutlich schmal weißlich begrenzt. Das breite Wangenband ist wie die übrige Oberseite mittelbraun und farblich kaum kontrastierend.

Vögel im Jugendkleid sind oberseits ähnlich wie adulte Weibchen gefärbt, jedoch mehr dunkelbraun. Bei ihnen sind die Armschwingen fast einfarbig dunkel graubraun. Außerdem sind die großen Oberflügeldecken hell gerandet. Die Kehle, die gesamte Rumpfunterseite einschließlich der Beinbefiederung und der Unterschwanzdecken sowie die Unterflügeldecken sind mehr beigebraun, die Strichelung des Rumpfes ist weitgehend auf Brust und Oberbauch beschränkt. Die dunkleren Armschwingen bilden unterseits einen deutlichen Kontrast zu den helleren Handschwingen.

Das erste Dunenkleid ist weiß, das zweite ist oberseits hellroströtlich oder blassbeige, an den Flanken heller und auf der Unterseite weiß. Die Schnabelkante, die Beine sowie die Wachshaut und die Krallen sind beim Schlupf rosa. Der Schnabel ist schwarz. Bei heranwachsenden Dunenküken färben sich die Wachshaut und die Beine allmählich gelb, die Krallen schwarz.

Die Iris ist bei adulten Vögeln beider Geschlechter gelb. Ältere Nestlinge haben eine dunkle Iris, die bei Männchen noch vor dem Ausfliegen zu Grau umfärbt und bis zum Herbst zu Gelb. Weibchen haben beim Ausfliegen eine dunkelbraune Iris; diese Farbe wird bis zum 2. oder 3. Kalenderjahr beibehalten. Etwa bis zum 4. oder 5. Kalenderjahr wird die Iris bernsteinfarben und ist erst etwa ab dem 7. Kalenderjahr leuchtend gelb. Wachshaut und Beine sind in allen Kleidern gelb, der Schnabel und die Krallen schwarz.

Das Verbreitungsgebiet der Kornweihe umfasst weite Teile der nördlichen Paläarktis. Es erstreckt sich in West-Ost-Richtung von Irland und Nordwestspanien bis Kamtschatka, in Nord-Süd-Richtung im westlichen Europa etwa vom Polarkreis bis Nordwestspanien, weiter östlich nach Süden bis in das südliche Polen, in die südliche Ukraine, in den Norden Kasachstans und der Mongolei und Nordostchina. In Mitteleuropa war die Verbreitung wohl schon immer weitgehend auf das mitteleuropäische Tiefland zwischen Belgien und Polen beschränkt. Vorkommen südlich der Mittelgebirge gab und gibt es in Deutschland nur vereinzelt und in Österreich ausnahmsweise jeweils in mäusereichen Jahren; in der Schweiz fehlt die Kornweihe als Brutvogel.