Grauammer

Die Grauammer (Emberiza calandra, Syn.: Miliaria calandra) ist eine Vogelart aus der Familie der Ammern (Emberizidae). Diese Ammer besiedelt große Teile der südwestlichen Paläarktis von den Kanarischen Inseln, dem Nordwesten Afrikas, Portugal und Irland nach Osten bis in den Südwesten des Iran und Kasachstan. Die Grauammer bewohnt offene Landschaften mit einzelnen Bäumen oder Büschen und zumindest teilweise dichter Bodenvegetation, in Mitteleuropa vor allem extensiv genutztes Grünland, Ackerränder und Brachen. Die Art ist je nach Verbreitung Teilzieher, Kurzstrecken- oder Mittelstreckenzieher.

Der Bestand ist in Nordwest- und Mitteleuropa in den 1960er bis 1980er Jahren zum Teil dramatisch eingebrochen, nach 1990 wurde in Teilen Europas eine Zunahme, in anderen Teilen jedoch eine weitere Abnahme beobachtet, die Gründe liegen wohl vor allem in Änderungen der landwirtschaftlichen Nutzung. Insgesamt gilt der Weltbestand als rückläufig, weltweit wird die Grauammer von der IUCN aber noch als ungefährdet („least concern“) eingestuft. In der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands von 2015 wird die Art auf der Vorwarnliste geführt.

Grauammern sind sehr große, kräftig gebaute Ammern mit eher großem Kopf, kräftigem Schnabel und mittellangem Schwanz. Sie sind insgesamt recht einfarbig bräunlich und haben keine auffallenden Zeichnungen. Die Geschlechter sind gleich gefärbt, Männchen sind im Mittel jedoch deutlich größer und schwerer als Weibchen.

Mit einer Körperlänge von 16 bis 19 cm und einem Gewicht zwischen 32 und 67 g ist die Art die größte Ammer der westlichen Paläarktis und größer und erheblich schwerer als eine Goldammer. Im Schweizer Mittelland zwischen März und Oktober gefangene Männchen hatten Flügellängen von 96,0 bis 106,0 mm, im Mittel 101,5 mm und Gewichte von 45,0 bis 62,0 g, Weibchen erreichten Flügellängen von 87,0 bis 95,0 mm, im Mittel 91,6 mm und Gewichte von 38,0 bis 55,5 g.

Bei adulten Vögeln sind Rücken, Schulterfedern, Bürzel und Oberschwanzdecken graubraun bis mittelbraun. Auf diesem Grund sind vorderer Rücken und Schulterfedern kräftig schwarzbraun gestrichelt. Hinterer Rücken und Bürzel können ebenso kräftig gestrichelt sein wie der vordere Rücken, die Strichelung kann aber auch schwach braun sein und fällt dann kaum auf. Im frischen Gefieder können vor allem die seitlichen Oberschwanzdecken weißliche Spitzensäume aufweisen.

Auch die Flügeloberseite ist überwiegend mittelbraun. Die mittleren und großen Armdecken zeigen im frischen Gefieder breite hellbraune Säume, die zunehmend verblassen und hierdurch auffälliger werden. Die Handschwingen haben an der Außenfahne einen schmalen, hellbeigen Saum, die Armschwingenaußenfahnen sind breiter und wärmer braun gesäumt. Die Grauammer zeigt kein Weiß an den Schwanzaußenkanten. Die mittelbraunen Steuerfedern sind außen und innen schmal hellbeige gesäumt, diese Säume werden zur Federspitze hin breiter. Die Unterseite des Rumpfes ist hellbeige bis düster graubeige und in variablem Umfang dunkel gestrichelt.

Auch am Kopf fehlen auffallende Zeichnungen, der Kopf ist wie der Rücken grau- bis mittelbraun. Der Oberkopf ist fein dunkel gestrichelt, der undeutliche Überaugenstreif ist hellbeige. Kehle und Halsseiten sind ebenfalls hellbeige, der Kinnstreif ist graubraun bis mittelbraun.

Die Iris ist tief dunkelbraun. Der Schnabel ist gelblich hornfarben, der Schnabelfirst dunkel hornbraun. Die Beine sind gelblich rosa.

Im Jugendkleid ist die Oberseite heller warm beigebraun ohne Grautöne. Die Scheitelseiten sind dunkel, der mittlere Oberkopf ist meist spärlich dunkel gestreift, wodurch ein 2 bis 3 mm breiter, heller Streifen über die Kopfmitte entsteht. Schulterfedern und Oberflügeldecken sind tiefbraun mit scharf abgesetzten hellbeigen Säumen. Nach der herbstlichen Vollmauser sind die jungen Vögel nicht mehr von adulten Vögeln zu unterscheiden.

Die Grauammer besiedelt große Teile der südwestlichen Paläarktis von den Kanarischen Inseln, dem Nordwesten Afrikas, Portugal und Irland nach Osten bis zum Westrand des Kaspischen Meeres, weiter südlich bzw. östlich erstreckt sich das Areal dann in zwei relativ schmalen Zonen einerseits bis in den Südwesten des Iran und andererseits bis in das südöstliche Kasachstan. Die Nordgrenze der Verbreitung verläuft von den Shetland-Inseln über die Nordspitze von Dänemark und dem äußersten Süden Schwedens bis Estland und Litauen und dann durch Südwest-Russland und die Ukraine bis zum Nordwestrand des Kaspischen Meeres bei etwa 43° N. Die Südgrenze des Areals wird im östlichen Mittelmeerraum auf Kreta, Rhodos und Zypern sowie im Nahen Osten in einer schmalen Zone entlang des Mittelmeeres im Süden Israels erreicht. Weiter östlich folgt die südliche Verbreitungsgrenze etwa der Südgrenze der Türkei und reicht dann im Westen des Iran etwa bis zur Straße von Hormus. Die Grauammer gilt als ursprünglich auf die mediterrane Zone und die Steppenzone beschränkter Brutvogel, der sich erst durch den Ackerbau des Menschen nach Norden und Westen in die gemäßigte und die boreale Zone ausbreiten konnte.

Die Art bewohnt offene Landschaften mit einzelnen Bäumen oder Büschen und zumindest teilweise dichter Bodenvegetation, in Mitteleuropa vor allem extensiv genutztes Grünland, Ackerränder und Brachen. Daneben werden auch Dünen und Heiden besiedelt. Im Mittelmeerraum kommt die Grauammer auch in aufgelassenen Olivenhainen und Weinbergen, in degradiertem, niedrigwüchsigem Buschland wie Macchie, Garrigue und Mattoral, auf Brandflächen, in lichten Eichenwäldern sowie küstennah auch auf felsigen Trockenhängen und in Salicornia-Steppen vor.

Adulte Grauammern ernähren sich vorwiegend vegetabilisch von Getreidekörnern und den Samen von Gräsern, Kräutern und Stauden. Abhängig von der Witterung und dem Angebot wird aber auch ein breites Spektrum von Wirbellosen gefressen, vor allem Insekten und deren Larven sowie Spinnen. Die Nestlingsnahrung besteht bei guter Witterung hingegen fast ausschließlich aus Insekten, Spinnen und seltener aus kleinen Schnecken und anderen Wirbellosen, bei schlechtem Wetter spielen auch weiche Getreidekörner und andere Pflanzensamen eine wichtige Rolle. Die Nahrungssuche erfolgt überwiegend am Boden, daneben nutzt die Grauammer auch kräftige Pflanzenstängel, um beispielsweise Ähren mit dem Schnabel zu erreichen.

Der Bestand ist in Nordwest- und Mitteleuropa in den 1960er bis 1980er Jahren zum Teil dramatisch eingebrochen, die Gründe liegen wohl vor allem in Änderungen der landwirtschaftlichen Nutzung. So ist die Art in Irland Anfang des 21. Jahrhunderts ausgestorben und der Bestand Großbritanniens nahm zwischen 1968 und 1991 um etwa 75 % ab. In den Niederlanden verringerte sich der Bestand von 1200 bis 1250 Paaren im Jahr 1975 auf 60 bis 80 Paare im Jahr 1991. Für Schleswig-Holstein wurde der Bestand um 1955 auf 3000 bis 4000 Paare geschätzt, Mitte der 1980er Jahre waren davon noch etwa 70 Paare übrig geblieben.

Nach 1990 wurde in Teilen Europas eine Zunahme, in anderen Teilen jedoch eine weitere Abnahme beobachtet. Zum Teil erhebliche Bestandszuwächse waren im Osten Deutschlands nach 1990 durch großflächige Flächenstilllegungen in der Landwirtschaft zu verzeichnen. Beispielsweise war die Art in Brandenburg um 1990 vom Aussterben bedroht, um 2005 wurde der Bestand wieder auf 8000 bis 15.000 Paare geschätzt. Insgesamt gilt der Weltbestand als rückläufig, die Grauammer wird von der IUCN aber noch als ungefährdet („least concern“) eingestuft.