Wiesen-Bocksbart
Der Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis) ist eine formenreiche Pflanzenart aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae).
Die ausdauernde, krautige Pflanze wird bis zu 70 cm hoch. Ihre saftigen Pflanzenteile enthalten Milchsaft. Aus der fleischigen Pfahlwurzel wächst der glatte, oben leicht angeschwollene Stängel, der innen hohl ist. Die ihn umgebenden, bis zu 50 cm langen, grasartigen, wechselständigen, bläulich grünen und glattrandigen Blätter sind halb stängelumfassend, schmal linealisch bzw. lanzettlich, kahl und spitz zulaufend. Die Mitte des Blattes durchquert der Länge nach ein weißlicher Streifen. Häufig sind die Blätter ab der Mitte abwärts gebogen oder geknickt.
Die Pflanze blüht von Mai bis August. Ihre Blütenstände öffnen sich etwa um acht Uhr und schließen sich um die Mittagszeit wieder. Sie werden vor allem von Käfern und Fliegen bestäubt. Die 35–50 mm breiten, flachen[1] Blütenkörbchen der Pflanze sitzen auf relativ langen, kahlen, beblätterten, blattachselständigen Stielen, die sich zum Köpfchen hin nicht oder nur schwach verdicken. Die je nach Unterart 4 bis 7 cm großen Blütenköpfchen setzen sich aus gelben Zungenblüten zusammen und werden von acht spitzen Hüllblättern eingefasst, die bei der Nominatform Tragopogon pratensis subsp. pratensis etwa so lang sind wie die Zungenblüten und über dem Grund eingeschnürt. Besonders die inneren Hüllblätter sind durch Haare meist rußig-schwärzlich. Charakteristisch sind die an der Spitze braun-violetten Staubblätter, die dem Köpfchen ein gesprenkeltes Aussehen verleihen. Die abgeblühten, welken Zungenblüten aus den zusammengefallenen Hüllblättern ragen wie ein „Ziegenbart“ aus der ehemaligen Blüte. Dies gab der Pflanze ihren Namen.
Die (inklusive Schnabel) 15 bis 25 mm langen, randlich glatten Früchte des Wiesen-Bocksbarts sind lang geschnäbelt. Der fedrige Pappus daran dient als Flugorgan und verleiht der aussamenden Pflanze das für viele Korbblütler typische „Pusteblumen“-Aussehen.
Der Wiesen-Bocksbart ist meist eine zweijährige Halbrosettenpflanze, seltener einjährig überwinternd oder ausdauernd (dann eventuell als Rhizom-Geophyt). Er besitzt eine tiefreichende Pfahlwurzel und trägt Milchsaft. Seine Blüten sind „Körbchenblumen vom Leontodon-Typ“. Sie sind nur vormittags und nur bei schönem Wetter geöffnet. Beim Östlichen Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis subsp. orientalis) sind die Blüten bis 11 Uhr geöffnet, beim Gewöhnlichen Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis subsp. pratensis) bis 14 Uhr. Je Körbchen sind 20 bis 50 Einzelblüten vorhanden. Die Kronröhre der randständigen Blüten ist 6 bis 7 mm lang, die der mittleren 5 mm lang. Als Bestäuber kommen Bienen, Schmetterlinge und Hummelschweber in Frage. Spontane Selbstbestäubung wird dadurch möglich, dass sich die beiden Narbenäste zuletzt spiralig umkrümmen und dabei die Fegehaare berühren, an denen noch Pollen haften können. Die Früchte sind Achänen mit bis zu 4 cm breiten „Fallschirmen“. Sie verbreiten sich als Schirmchenflieger. Der Schirm ist oben durch Verwebung der Pappushaare besonders dicht. Auch eine Ausbreitung als Wasserhafter und als Kletthafter ist möglich, da die fünf Haupt-Pappusstrahlen rau sind. Da der Schirm leicht abbricht, ist auch eine Zufallsverbreitung möglich.
Die Art ist in Europa heimisch, kommt bis in den Ural vor, fehlt jedoch in Nordeuropa weitgehend. Ihre ursprünglichen Vorkommen in Asien liegen in der Türkei, in Kasachstan, in Sibirien und in der Mongolei. In Nordamerika, in Neuseeland, in Argentinien und auf Hispaniola ist der Wiesen-Bocksbart ein Neophyt.
Man findet den Wiesen-Bocksbart verbreitet in Fettwiesen, seltener auch in wegbegleitenden Unkrautfluren und Brachen. Er bevorzugt frische, nährstoff- und basenreiche, mittel- bis tiefgründige Böden. Staunässe meidet er, liebt aber Sommerwärme. Nach Ellenberg ist er eine Halblichtpflanze, ein Schwachsäure- bis Schwachbasenzeiger und eine Verbandscharakterart der Glatthaferwiesen aus dem Verband Arrhenatherion. Die Unterart Tragopogon pratensis subsp. orientalis steigt in den Allgäuer Alpen im Tiroler Teil an der Rotwand bis zu einer Höhenlage von 2000 Metern auf.