Schilf
Das Schilfrohr (Phragmites australis), auch allgemein als Schilf bezeichnet, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Schilfrohre (Phragmites) innerhalb der Familie der Süßgräser (Poaceae). Sie ist weltweit verbreitet und manche Autoren unterscheiden drei Unterarten, die alle auch in Europa vorkommen.
Das Schilfrohr ist ein Rhizom-Geophyt und eine Sumpfpflanze. Die Nominatform, Phragmites australis subsp. australis, erreicht Wuchshöhen von maximal 4 Metern. In der Hauptwachstumsperiode des Schilfrohrs verlängern sich die Rhizome an der Spitze täglich um bis zu 3 Zentimeter. Die ältesten Rhizomteile sterben jeweils ab (Wurzelkriech- und Verlandungspionier).
Die Laubblätter sind in Blattscheide und Blattspreite gegliedert. Statt des Blatthäutchens (Ligula) ist ein Haarkranz vorhand. Die Abflachung der zunächst wie die Blattscheide röhrigen Blattspreite erfolgt durch ein Gelenk.
Die Blütezeit reicht von Juli bis September. Das Schilfrohr ist ein Rispengras. Der rispige Blütenstand kann bis zu 50 Zentimeter lang werden. Phragmites australis ist windblütig vom „langstaubfädigen Typ“. Die Blütenährchen enthalten am Grunde männliche, darüber zwittrige Blüten.
Die Ährchenachse der Fruchtstände hat lange, abstehende Haare. Die winzigen Fruchtährchen verbreiten sich als Schirmchenflieger. Auch eine Schwimmausbreitung und eine Wasserhaftausbreitung ist möglich. Die Früchte sind frühestens im Dezember reif. Der Fruchtansatz ist von Jahr zu Jahr unterschiedlich; er ist auch vom Standort abhängig. Die Früchte sind Lichtkeimer, die Keimungsrate liegt circa bei 80 Prozent. Die Keimfähigkeit bleibt ein bis vier Jahre erhalten.
Die Benetzbarkeit der Blattoberfläche ist gering. Wasser perlt in Tropfen ab, wie es auch bei Lotosblumen beobachtet werden kann, und nimmt dabei auf der Oberfläche anhaftende Schmutzpartikel mit (Lotuseffekt).
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 48, aber auch 36, 72, 84 oder 96.
Die vegetative Vermehrung erfolgt in starkem Maße durch die bis zu 20 Meter langen Ausläufer sowie durch niederliegende, sich an den Knoten bewurzelnde Halme (Legehalme). Ganze Schilfbestände stellen oft nur eine einzelne Pflanze dar. Im Donaudelta fanden Fachleute Pflanzen, deren Alter auf etwa 8000 Jahre geschätzt wurde. Große Schilfbestände bieten zahlreichen Vögeln Schutz. Bei Nährstoffüberschuss verdrängt das Schilfrohr jedoch die übrige Ufervegetation. Bei allzu starkem Nährstoffeintrag bricht die Population allerdings auch wieder zusammen und wird beispielsweise von Eutrophierungszeigern wie dem Großen Wasserschwaden (Glyceria maxima) ersetzt. Sollen Schilfbestände aktiv vermehrt werden, müssen im Sommer Halmstücke mit ein bis drei Knoten abgeschnitten und in wenige Zentimeter tiefe Rinnen im Uferbereich eingegraben werden. Nach einigen Wochen bewurzeln sich die Stängelknoten, und es bilden sich Tochtersprosse aus.
Schilf bildet an Seen und Gräben natürliche Monokulturbestände. Sind Wasserversorgung und Nährstoffangebot günstig, verdrängt er durch seine Dominanz andere Wildkräuter und Gräser. In den oft riesige Flächen bedeckenden natürlichen Monokulturen des Schilfrohrs regulieren sich tierische Schädlinge selbst: Die Raupen der Schilfeule (Nonagria typhae) klettern fressend in den Internodien nach oben und zerstören dann den Vegetationskegel an der Spitze. Wegen der damit verbundenen Ausdünnung des Bestandes werden in den Folgejahren zahlreiche dünne Halme gebildet, so dass die Schilfeulenpopulation an diesen Stellen zugrunde geht.
Das Schilfrohr spielt bei der Verlandung von Gewässern eine große Rolle. Zwischen den dichten Halmen sammelt sich mit der Zeit viel Schlamm an und führt langsam zur Verlandung.