Scharbockskraut

Das Scharbockskraut (Ficaria verna, Syn.: Ranunculus ficaria L.), auch Feigwurz oder Frühlings-Scharbockskraut genannt, ist eine Pflanzenart in der Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae). Es ist ein Frühjahrsblüher. Sein deutscher Trivialname leitet sich von Scharbock (Skorbut) ab, da seine Vitamin-C-haltigen Blätter gegen diese Mangelerscheinung eingenommen wurden. In der deutschsprachigen Schweiz nennt man die Pflanzen auch Glitzerli, weil die Blüte, im Gegensatz zum normalen Scharfen Hahnenfuß, glitzert, wie lackiert.

Das Scharbockskraut ist eine frühjahrsgrüne, ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 10 bis 20 cm erreicht. Es werden jährlich neu etwa 1 bis 2 cm lange, feigwarzen-ähnliche Wurzelknollen als Stärkespeicher gebildet. Die Erneuerungsknospen bilden sich an dem dicht unter der Oberfläche liegenden Rhizom. Der niederliegende bis aufsteigende, hohle Stängel ist kahl.

Die ungeteilten Laubblätter besitzen lange Blattstiele. Die einfache Blattspreite ist herz- bis nierenförmig und oft fettig-glänzend mit gekerbtem Blattrand.

Auffallend sind ihre einzeln stehenden und lang gestielten, goldgelben und sternförmigen Blüten, die einen Durchmesser von 1,5 bis 6 cm besitzen. Es sind drei, selten fünf kelchblattartige Hüllblätter vorhanden. Es sind acht bis elf (im Unterschied zu den Hahnenfuß-Arten) Kronblätter vorhanden, welche im botanischen Sinne blumenblattartige Nektarblätter sind. Ihre auffällige Färbung lockt zur Blütezeit (März bis Mai) zahlreiche Insekten an, die am Blütenboden Nektar finden. Bei Berührung der zahlreichen Staubblätter erfolgt die Bestäubung.

Im Unterschied zu den „echten“ Hahnenfüßen Ranunculus s. str. haben die Nüsschen eine verlängerte Basis, der Griffel (Schnabel) ist reduziert.

Das Scharbockskraut ist ein Hemikryptophyt und eine Halbrosettenpflanze. Die Frühjahrspflanze zieht bereits im Mai/Juni wieder ein, zu diesem Zeitpunkt sind die neuen Wurzelknollen fertig ausgebildet und die oberirdischen Pflanzenteile beginnen sich gelb zu verfärben und welken dann.

Die für das westliche Mitteleuropa typische Ficaria verna subsp. verna (Syn.: subsp. bulbifera) ist tetraploid und vermehrt sich fast ausschließlich vegetativ durch Bulbillen; das sind weiße, etwa getreidekorngroße Brutknöllchen, die aus gehemmten Seitentrieben vor allem in den Achseln der unteren Blätter entstehen, später zu Boden fallen und zu neuen Pflanzen auswachsen. Der diploiden, südwesteuropäischen Stammform Ficaria verna subsp. fertilis (Syn.: subsp. verna auct.) fehlen gewöhnlich die Bulbillen; sie vermehrt sich über Samen.

Blütenbiologisch handelt es sich um „Nektar führende Scheibenblumen“ mit kelchartigen Perigonblättern und kronblattartigen Nektarblättern. Die Nektarblätter zeigen einen Fettglanz; ihre Epidermis ist durch Carotinoide intensiv gelb gefärbt; darunter befindet sich als Reflektor eine weiße Stärke führende Schicht. Die Basis glänzt nicht und reflektiert kaum UV-Licht, sie dient daher auch als Flecksaftmal. Die Blüten zeigen temperaturabhängige Wachstums- und Schließbewegungen; sie sind von 9 bis 17 Uhr geöffnet.

Trotz reichen Insektenbesuchs erfolgt bei der in Deutschland fast ausschließlich vorkommenden subsp. verna (Syn.: subsp. bulbifera) fast kein Fruchtansatz. Die keimenden Samen besitzen entgegen dem für die Klasse der Zweikeimblättrigen typischen Modus nur ein Keimblatt; das andere ist verkümmert. Die Samen erfahren Ausbreitung durch den Menschen mit Erde.

Vegetative Vermehrung erfolgt durch die Bulbillen, die im Mai abfallen, an der Erdoberfläche überwintern und im Frühjahr wieder auskeimen. Als Ausbreitungsmechanismen gelten für sie: Selbstausbreitung sowie Schwimm-, Ameisen- und Speicherausbreitung.

Das Scharbockskraut ist schwerpunktmäßig in Nord- und Mitteleuropa beheimatet. Es kommt aber auch in Kleinasien und in Nordafrika vor, meidet aber in Europa den äußersten Norden. In den Allgäuer Alpen steigt es in Bayern an der Trifthütte nördlich von Warth (Vorarlberg) bis zu 1800 m Meereshöhe auf.

Es gedeiht meist in feuchten Wiesen, Gebüschen, Hecken oder dichten Laubwäldern und an Laubwaldrändern und ist dort im Frühling anzutreffen. Dort bildet sie zumeist die erste grüne Bodenschicht (Krautschicht), noch bevor die Bäume ihre Blätter entwickeln. Es ist eine Art der Klasse Querco-Fagetea, kommt aber auch in Gesellschaften der Verbände Alliarion oder Arrhenatherion vor.