Herbstzeitlose

Die Herbstzeitlose oder Herbst-Zeitlose (Colchicum autumnale) ist die bekannteste Pflanzenart aus der ca. 100 Arten umfassenden Familie der Zeitlosengewächse (Colchicaceae). Die Herbstzeitlose blüht im Spätsommer bis Herbst und ist in Europa weit verbreitet und auch als Zierpflanze bekannt. Sie kann gelegentlich mit herbstblühenden Krokussen verwechselt werden. Die Laub- und Fruchtbildung erfolgt im Frühjahr und Sommer. Wirkstoffe dieser sehr stark giftigen Pflanze werden gelegentlich in Medizin und Pflanzenzucht verwendet. Sie wurde 2010 zur Giftpflanze des Jahres gewählt.

Die Herbstzeitlose ist eine ausdauernde, äußerst giftige krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 8 bis 30 Zentimeter erreicht. Es handelt sich um einen Geophyten, denn nur die unterirdischen Pflanzenteile überdauern die ungünstigen Jahreszeiten. Während des Winters wird die ursprüngliche Sprossknolle abgebaut und darüber eine neue angelegt. Gleichzeitig wächst der Seitenspross zu einer neuen Knolle heran. Im Sommer bildet die Herbstzeitlose eine braunschuppige Sprossknolle mit einem Durchmesser von 2,5 bis 5 Zentimeter und einer Länge bis zu 7 Zentimeter. Die trichterartig schräg bis steil aufwärts stehenden, durch eine leichte Einrollung schmal erscheinenden, aber eigentlich ziemlich breit-lanzettlichen Laubblätter erscheinen zusammen mit der noch unreifen Kapselfrucht im Frühsommer und sind bis 40 Zentimeter lang. Sie sind auffallend dicklich-steif und an der Spitze „kahnförmig“ und knötchenartig zusammengezogen. Dies ist ein wichtiger, grundsätzlicher Unterschied zu den dünnen, ebenen und rasch schlaffen Blättern von Bärlauch. Außerdem sind die Blätter von Herbstzeitlosen immer leicht linksschraubig verdreht.Es werden ein bis fünf Blüten pro Exemplar gebildet. Die zwittrigen, radiärsymmetrischen Blüten sind dreizählig. Die sechs gleichgestaltigen, meist blassrosa bis violett, selten weiß gefärbten Blütenhüllblätter sind zu einer langen Röhre verwachsen. Es sind sechs Staubblätter vorhanden. Der aus drei Fruchtblättern verwachsene Fruchtknoten befindet sich tief in der Erde. Die Griffeläste in den Blüten der Herbstzeitlosen verbleiben bis hin zum unterirdischen Fruchtknoten auf ganzer Länge getrennt. Sie verwachsen also nicht zu einem Griffel (Stylus), sondern sind Stylodien. Sie können in großen Blüten bis zu 20 cm lang sein. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten (Entomophilie), zum Beispiel durch Bienen und Fliegen. Diese Art ist allerdings selbstfertil, auch Selbstbestäubung führt also zu gutem Samenansatz. Die Blütezeit reicht von September bis Oktober; selten blühen Herbstzeitlosen auch im Frühjahr.Die länglich-eiförmige Kapselfrucht bildet sich erst zur Reifezeit im Frühsommer (Mai bis Juni) innerhalb des „Trichters“ aus meist drei Laubblättern, der sich ab zeitigem Frühjahr bildet. Bei Reife im Sommer ist die Kapselfrucht leicht blasig angeschwollen und braun. Die kleinen, schwarzbraunen Samen besitzen ein weißes Elaiosom, das die Ausbreitung durch Ameisen (Myrmekochorie) begünstigt; auch Windausbreitung ist möglich.Die Herbstzeitlose ist ein submediterran-subatlantisches Florenelement. Ihr Verbreitungsgebiet reicht von Südirland, der Südhälfte Großbritanniens, Frankreich und der nördlichen Iberischen Halbinsel über das südliche Mitteleuropa und das nördliche Italien ostwärts bis zur nördlichen Balkanhalbinsel und in die westliche Ukraine. Weiter im Norden (Schottland, Dänemark, Südskandinavien, Baltikum, nordwestliches europäisches Russland) fehlt sie oder kommt nur eingeschleppt vor. Auch in Neuseeland und in Nordamerika kommt sie eingeschleppt vor. Blühende Herbstzeitlose mit BestäuberBlühende Herbstzeitlose mit BestäuberDie Herbstzeitlose wächst vor allem auf feuchten, nährstoffreichen Wiesen und an Böschungen, hier bevorzugt an sonnigen oder halbschattigen Standorten, an denen es relativ warm ist und die nicht ungeschützt dem Wind ausgesetzt sind. Doch auch in lichten Auenwäldern kann man auf sie stoßen, und zwar sogar direkt neben Bärlauch (so in einem Auwald bei Umkirch im Breisgau). Diese Art tritt an manchen Standorten massenhaft auf, so dass dort ein Weideauftrieb mit Nutztieren unmöglich ist. Die Herbstzeitlose ist eine Charakterart der Ordnung Molinietalia, kommt aber auch in feuchten Gesellschaften der Ordnung Arrhenatheretalia oder des Verbands Alno-Ulmion vor. In den Allgäuer Alpen kommt sie in bis zu 1500 Meter über Meereshöhe vor. Es kommt immer wieder zu Vergiftungsfällen durch Verwechslung mit dem Bärlauch, auch mit tödlichem Verlauf. Die Blüten der Herbstzeitlose lassen sich ziemlich leicht als solche erkennen. Diese leichte Erkennbarkeit trifft aber nicht auf die Blätter der Herbstzeitlose zu. Erschwerend kommt hinzu, dass man – anders als bei vielen anderen Pflanzen – bei der Herbstzeitlose die Blätter und die Blüten nie gleichzeitig sieht. Im Herbst sieht man die Blüten – aber ohne Blätter, wogegen man im Frühjahr die Blätter sieht – aber stets ohne Blüten.Alle Teile der Herbstzeitlose enthalten das stark giftige Alkaloid Colchicin, ein Kapillar- und Mitosegift. Der höchste Gehalt findet sich in der Blüte mit bis zu 1,8 %. Aber auch die Samen (0,5 %), die Knolle (0,2 %) und die Blätter (0,03 %) enthalten genug Colchicin, um Vergiftungen bewirken zu können. Der Gehalt schwankt im Jahresverlauf und nimmt mit der Samenreifung zu. Auch in getrockneten Pflanzenteilen bleibt das Alkaloid erhalten. So können bei Verzehr von Heu mit Gehalt an getrocknetem Herbstzeitlose-Kraut die gefährlichen Gifte in die Milch übergehen. Colchicinbelastete Milch kann bei Menschen Krebserkrankungen auslösen: „Auch bei Wiederkäuern kann eine Colchicinvergiftung auftreten (…); da die Alkaloide in die Milch übergehen, besteht ein Risiko für Konsumenten. Colchicin ist auch mutagen und kann zur Tumorbildung führen.“ Deshalb sollten Landwirtschaftsflächen, insbesondere Wiesen für die Gewinnung von Heu oder Silage, von Herbstzeitlosen befreit werden.Samen der Herbst-Zeitlose mit 1-mm-SkalaAls pharmazeutische Droge zur Gewinnung von Arzneimitteln dienen die Samen der Herbstzeitlose (lateinisch Semen Colchici), wobei nach Arzneibuch ein Gehalt von mindestens 0,4 % Gesamtalkaloide gefordert wird, berechnet als Colchicin. Ein bekanntes Präparat enthält beispielsweise je Dragee einen Trockenextrakt von Semen Colchici zu 15,6 mg mit einem Colchicin-Gehalt von 0,5 mg. Vergiftungserscheinungen treten meist erst mit zwei bis sechs Stunden Verzögerung ein. Die Symptome äußern sich zunächst in einem Brennen im Mund. Es folgen Schluckbeschwerden, Übelkeit und Erbrechen mit oft blutigen Durchfällen. Je nach Dosis kann es vor allem bei Kindern bis zum Tod durch Atemlähmung oder Kreislaufversagen kommen, häufig beobachtet man auch Nierenschädigungen. In der Literatur wird eine Sterblichkeit von 90 Prozent angegeben. Als tödliche Dosis gelten bei Menschen etwa 0,8 mg pro Kilogramm Körpergewicht. Etwa 60 Gramm frische Blätter können einen 80 Kilogramm schweren Menschen töten.[9] Neben dem Colchicin sind in der Pflanze noch Demecolcin und etwa 20 weitere Alkaloide sowie Colchicosid, Inulin und Asparagin enthalten.Eine besondere Gefahr von Colchicin geht für Kinder aus, die in ländlichen Gegenden z. B. beim Einsammeln von Heu im beginnenden Herbst leicht in Kontakt mit den dann blühenden Pflanzen kommen können, gerade auch in Anbetracht der schon beim Erwachsenen geringen tödlichen Dosis von Colchicin, die bei Kindern noch niedriger liegt. Außerdem gibt es Berichte über Vergiftungen durch die Milch von Schafen oder Ziegen, die zuvor Herbstzeitlose gefressen haben sollen. Aber nicht nur für Kinder, auch für Erwachsene kann die Herbstzeitlose gefährlich sein, vor allem, wenn man ihre Knollen mit Küchenzwiebeln verwechselt, oder die Blätter mit Bärlauch oder anderem Wildsalat, und so größere Mengen der giftigen Pflanze zu sich nimmt. Darüber hinaus ähnelt die Herbstzeitlose ziemlich stark einigen verbreiteten Zierpflanzen wie dem Krokus.Die Herbstzeitlose ist auch sehr giftig für viele Tierarten wie Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen, Hunde, Katzen, Kaninchen, Hasen, Meerschweinchen, Hamster und auch für Vögel. Bei den Großtieren sind insbesondere Pferde und Schweine gefährdet. Rinder und Schafe reagieren nicht ganz so empfindlich. Laktierende Tiere können das Gift über die Milch abgeben, auch wenn sie selbst keine Vergiftungserscheinungen zeigen.