Spinnennetz
Ein Spinnennetz ist eine von Webspinnen (Araneae), insbesondere auch den rezenten Arten der Gliederspinnen hergestellte Konstruktion, die vorwiegend dem Beutefang (fast immer Insekten) dient. Die Fäden des Spinnennetzes bestehen aus Spinnenseide, die in den Spinndrüsen synthetisiert und über Spinnwarzen und bzw. oder Spinnspulen ausgeschieden wird (siehe Seidensekretion). Ansammlungen alter Spinnennetze werden Spinnweben genannt.
Spinnenseide ist, bezogen auf ihre Masse, viermal so belastbar wie Stahl und kann um das Dreifache ihrer Länge gedehnt werden, ohne zu reißen. Deswegen kann das Spinnennetz meist auch der Wucht des Aufpralls eines fliegenden Beuteinsekts widerstehen, ohne zu zerreißen. Die Spinnfäden sind leicht und wasserfest, besitzen aber dennoch ein hohes Wasseraufnahmevermögen, das mit dem von Wolle vergleichbar ist. Sie widerstehen mikrobiologischen Angriffen und sind dennoch biologisch abbaubar.
Die verwendeten Fäden werden je nach Zweck verschieden in Durchmesser oder Zusammensetzung produziert und können vollständig oder teilweise adhäsiv ausgestaltet werden. In der Regel besteht ein Faden aus mehreren Einzelfäden. Die Adhäsionskraft der Seide beruht auf Leim oder auf mikroskopisch feiner Wolle. Manche Arten verwenden ihre Fäden als Signalfäden und ergreifen ihre Beute aktiv, kleiden ihre Wohnhöhlen mit antibiotisch wirkender Seide aus und weben damit Kokons für ihren Nachwuchs oder Spermanetze, um die Fortpflanzung zu erleichtern, oder können ihre Beute fesseln und konservieren. Bei allen Spinnen dient der angeheftete Faden als Sicherungsleine, an der sich die Tiere bei Gefahr abseilen können. Insbesondere kleine Jungtiere und die Baldachinspinnen produzieren einen Flugfaden, der sie mittels Ballooning in die Lage versetzt, über lange Strecken (mehrere Kilometer) durch die Luft zu reisen und neue Lebensräume zu besiedeln.
Eine Spinne zieht meistens einen Faden hinter sich her, und dieser kann sowohl der Absturzsicherung (von sich bewegenden Pflanzen) wie auch der Orientierung dienen. Der Seide können Pheromone und andere Substanzen beigemischt werden, die bei einigen Arten die Arterkennung ermöglichen und männlichen Spinnen zum Auffinden der paarungsbereiten Weibchen dient. Auch mechanisch wird die Seide zur Kommunikation eingesetzt. Die Männchen einiger radnetzbauender Arten können sich dem Weibchen nur nach Zupfsignalen am Netz nähern. Das Zupfen gehört zum Balzritual. Anhand der Schwingungen ihres Netzes kann eine Spinne auf die ungefähre Größe und den Ort eines Beutetieres schließen, das sich verfangen hat.
Die weibliche Gartenkreuzspinne produziert mit sieben Spinndrüsen sieben verschiedene Fadensorten.
- Stabile Fäden für Sicherungsfaden und das Netzgrundgerüst
- einfache Fäden für die nicht klebende Hilfsspirale beim Netzbau
- Klebefäden für Anheftungspunkte des Sicherungsfadens. Mit ihrer Hilfe heftet die Spinne ihren Faden an einer beliebigen Unterlage an.
- Feine Seide zum Einspinnen der Beute und für die weiche Innenauskleidung des Eikokons
- Zähe Seide für die äußere Umhüllung des Eikokons
- Elastische Fäden für den Achsenfaden der Fangspirale
- Klebstoff für die Fangspirale. Beim Bau der Fangspirale trägt die Spinne den wasseranziehenden Klebstoff gleichmäßig auf den Achsenfaden der Fangspirale auf. Der Klebstoff nimmt dann Wasser aus der Umgebungsluft auf, quillt auf, und durch die Oberflächenspannung (so wird vermutet) bilden sich dann die Klebtröpfchen. Urtümlichere, cribellate Spinnen verwenden keinen Klebstoff, sondern feinste Wollgespinste, an denen die Beutetiere hängen bleiben. Diese Methode ist vor allem in trockenen Klimaten verbreitet, da die Wollfäden, im Gegensatz zu den Klebtröpfchen, auch bei geringer Luftfeuchte funktionstüchtig sind und nicht austrocknen können.
Den Netzen, bzw. den Konstruktionen aus Seide, gleich zu welchem Zweck, liegen unterschiedliche und sehr vielfältige Muster zu Grunde, die die unterschiedlichen Lebensweisen dieser außerordentlich vielfältigen Gruppe der Webspinnen ermöglicht. Die bekannteste Netzform ist das Gewebe der Radnetzspinnen, das prinzipiell aus verschiedenen Funktionsbereichen besteht: Fangnetz, Wohnraum/Versteck (Retrait), Hilfsfäden (Brücken-, Spann-, Stolper-, Signal- und Kommunikationsfäden etc.) sowie auch Eikokons, Spermanetze, Stabilimente, Tarnung u. v. a. m.