Soldatenkäfer

Die Weichkäfer (Cantharidae) sind eine Familie der Käfer (Coleoptera), die weltweit verbreitet sind. Die aktuelle Artenliste von Delkeskamp datiert bereits aus den Jahren 1977 und 1978. Sie umfasst 137 Gattungen und 5083 Arten. Seit damals sind zahllose weitere Gattungen und Arten hinzugekommen, die Familie ist jedoch weiterhin nur wenig erforscht und viele Arten sind bisher noch nicht beschrieben. In Europa kommen sie mit 530 Arten und Unterarten vor, davon findet man 103 Arten in 9 Gattungen auch in Mitteleuropa. Ihren deutschen Namen haben sie auf Grund ihrer nur schwach sklerotisierten Körper erhalten. Sie werden auch Soldatenkäfer genannt, da viele Arten auffällig rot, schwarz, gelb oder blau gefärbt sind.

Die Käfer werden 1,2 bis 28 Millimeter lang. Ihr Körper ist langgestreckt, hat mehr oder weniger parallele Seitenränder und ist mäßig abgeflacht. Sie haben einen weichen Körper, bei dem die Cuticula, insbesondere von Deckflügeln (Elytren) und Hinterleib nur schwach sklerotisiert und flexibel ist. Ihre Färbung ist sehr variabel und reicht von komplett schwarz bis überwiegend rot, orange oder gelb. Seltener sind sie metallisch blau oder grün gefärbt. Warnfarben sind vor allem am Pronotum und/oder den Deckflügeln ausgeprägt, wobei diese Bereiche häufig zweifarbig, gefleckt oder gerandet sind. Der Körper ist in der Regel mehr oder weniger unauffällig mäßig dicht und kurz, flach anliegend beflaumt. Weniger häufig haben die Tiere spärlich längere, nahezu aufrechte Setae auf den Deckflügeln.

Der Kopf ist wenigstens teilweise von oben sichtbar. Er ist stark nach vorne (prognath) oder etwas nach unten gerichtet, selten ist er hypognath. Bei manchen Arten ist er direkt hinter den Augen eingeschnürt. Die Facettenaugen sind mehr oder weniger ganzrandig und etwas hervortretend. Bei den Männchen sind sie häufig größer, bei den meisten Ichthyurini sind sie stark vergrößert. Punktaugen (Ocelli) fehlen. Die Frontoclypealnaht ist in der Regel fehlend, nur bei den Chauliognathini ist sie seitlich ausgebildet. Mit Ausnahme dieser Tribus ist das Labrum mit der Stirnplatte (Clypeus) oder Frontoclypeus verwachsen. Bei den Chauliognathini kann es dagegen mittig teilweise oder vollständig geteilt sein. Die Fühler sind langgestreckt und haben 11 Glieder. In der Regel sind sie fadenförmig, manchmal gezähnt, nur selten gefiedert, gefächert, keulenförmig verdickt oder zwischen den Geschlechtern unterschiedlich ausgebildet und/oder bei den Männchen anders stark modifiziert. Die Mandibeln sind mehr oder weniger langgestreckt, gekrümmt und haben eine spitz zulaufende Spitze. Sie sind in der Regel einfach, manchmal haben sie am Innenrand einen oder mehrere Zähne. Die Maxille besitzt dicht behaarte Laden (Galea und Lacinia), letztere ist bei manchen Arten zurückgebildet oder fehlt. Die Maxillarpalpen sind viergliedrig. Das Labium hat eine ungeteilte Ligula. Die Labialpalpen sind dreigliedrig.

Das Pronotum ist in der Regel nahezu quadratisch bis quer. Selten ist es schmal verlängert. Die Seiten sind gerandet, wobei die Ränder in der Regel ganz sind, manchmal etwas bis stark erweitert. Bei den Männchen mancher Arten sind die Seitenränder stark skulpturiert, eingekerbt oder mit Gruben versehen. Der Hinterrand des Pronotums ist entweder gleich breit oder schmäler als die Deckflügelbasis. Das Schildchen (Scutellum) ist gut entwickelt und sichtbar. Die Beine sind in der Regel langgestreckt und schlank. Bei manchen Arten sind die Schenkel (Femora) der mittleren Beine stark verbreitert. Mit Ausnahme der Chauliognathini sind paarweise Sporne an den Schienen (Tibien) vorhanden. Alle drei Beinpaare haben jeweils fünf Tarsenglieder. Das vierte Tarsenglied ist erweitert und ventral doppelt gelappt. Die weichen Deckflügel (Elytren) sind in der Regel mehr oder weniger parallelrandig. Selten sind sie an der Spitze verbreitert. Sie sind nur locker mit dem Pterothorax und Hinterleib verbunden. Bei einer Reihe von Arten sind sie stark bis vollständig zurückgebildet, wodurch mehrere Hinterleibstergite und/oder die Hinterflügel sichtbar sind. Die Hinterflügel sind in der Regel gut entwickelt.

Der Hinterleib hat bei den Weibchen und manchen Männchen sieben, bei den meisten anderen Männchen acht frei bewegliche Ventrite (sichtbare Bauchseitige Sklerite). Die ersten acht Tergite haben seitlich paarweise angeordnete Drüsenporen. Bei vielen Silini sind seitlich in den Intersegmentalmembranen auch ausstülpbare Drüsen ausgebildet. Das letzte oder die letzten Hinterleibssegmente sind häufig modifiziert.

Die Larven haben einen langgestreckten Körper, dessen Seitenränder mehr oder weniger parallel sind. Ihre Cuticula ist dicht mit feinsten Falten bedeckt, die eine samtige Erscheinung bewirken. Die Körperoberfläche ist fast immer mit sehr kurzen, aufrechten Härchen bedeckt. Der Körper ist zumindest teilweise dunkel pigmentiert, manchmal mit paarweise angeordneten Flecken, am häufigsten am Rücken. Der Kopf ist stark nach vorne gerichtet. Ein einzelnes, großes Punktauge (Stemma) befindet sich jeweils beidseits des Kopfes und fehlt nur selten. Das Labrum ist mit der Kopfkapsel verwachsen und bildet ein Clypeolabrum. Die Fühler sind dreigliedrig. Das zweite Glied ist abgestutzt und hat den Bereich mit den Sinneshärchen am Ende (Cantharinae, Silini, Chauliognathini), oder das zweite Glied ist stark eingekerbt und hat ein langgestrecktes, subapikales Sinnesfeld. Die Mandibeln sind sichelförmig und haben einen mehr oder weniger gut entwickelten längs verlaufenden Kanal, der in der Regel breit geöffnet, manchmal aber auch fast geschlossen ist. Die Maxillarpalpen sind drei- oder vier-, die Labialpalpen zweigliedrig.

Die Thoraxsegmente sind nahezu gleich groß oder werden nach hinten zunehmend kleiner. Alle Terga des Thorax und die ersten ach Tergite des Hinterleibs haben Drüsenporen. Bei manchen Arten sind solche auch am neunten Segment ausgebildet. Die Beine sind fünfgliedrig, wobei der Pretarsus klauenförmig ist und vier oder mehr Setae trägt. Die Hinterleibssegmente sind vorne nahezu gleich lang, hinten werden sie kürzer. Urogomphi fehlen.

Die Weichkäfer sind weltweit verbreitet, ihr Verbreitungsschwerpunkt liegt jedoch in den Tropen Asiens und Südamerikas. Die Familie stellt allerdings auch in den gemäßigten Breiten einen Gutteil der Artenvielfalt der Käfer. In Amerika nördlich von Mexiko ist sie an 13. Stelle der artenreichsten Käferfamilien. Weichkäfer sind vor allem in Wäldern sehr zahlreich. Es gibt jedoch auch Arten die Grasland, Savannen und montane Wiesen besiedeln. Viele Arten sind anscheinend an Waldlichtungen, Randlebensräume oder Sukzessionsbereiche angepasst. In heißeren Lebensräumen neigen sie dazu, nahe an Gewässern zu leben.

In allen Lebensstadien leben die Tiere terrestrisch. Die meiste Zeit ihres Lebens verbringen sie während des Larvenstadiums, während dessen die meisten Arten assoziiert mit dem Erdboden leben. Man findet sie in Mikrohabitaten mit hoher relativer Luftfeuchtigkeit, wie etwa in oder unter abgestorbenen Blättern, in der Bodenstreu von Wäldern, unter Steinen, in lockerer Erde oder unter loser Rinde von Totholz. Die Larven von Arten der Gattung Chauliognathus haben eine auffällige Warntracht, sie fressen offen sichtbar im Freien. Die Oberfläche der Cuticula ist bei den Larven hydrophob, wodurch sie gegenüber Überflutungen ihrer Lebensräume besser geschützt sind. Bei der überwiegenden Anzahl der Arten ernähren sich die Larven als Räuber von flüssiger Nahrung. Sie verwenden dazu ihre hohlen Mandibeln und einen Filter sowie eine spezielle pumpenartige Tasche in der Mundhöhle, um die Flüssigkeit aufzusaugen. Zu den Beutetieren zählen verschiedene Wirbellose, wie etwa Regenwürmer (Lumbricidae), Schnecken (Gastropoda) und die Eier, Larven und Imagines anderer Insekten. Manche Arten können es sogar mit gefährlichen Räubern wie den Larven der Sandlaufkäfer (Cicindelinae) aufnehmen. Unter Laborbedingungen ist bei Überpopulationen auch Kannibalismus nachgewiesen.