Listspinne - Raubspinne
Die Listspinne (Pisaura mirabilis), auch Raubspinne oder Brautgeschenkspinne genannt, gehört zur Familie der Jagdspinnen (Pisauridae) und zur Überfamilie der Lycosoidea. Die Listspinne ist in ganz Europa verbreitet. Sie wurde 2002 von der Arachnologischen Gesellschaft e.V. zur Spinne des Jahres gewählt.
Ein auffälliges Merkmal der Listspinne sind die langen Beine, von denen das vierte das längste ist (Beinformel 4-2-1-3, der Größe nach geordnet), und der schlanke Hinterleib. Männchen haben eine Länge von 10 bis 13 mm, Weibchen sind 12 bis 15 mm lang. Nach der Adulthäutung wiegen Männchen im Mittel 54 mg, Weibchen 68 mg. Der Vorderkörper (Prosoma) hat eine sehr variable Grundfärbung, die von Hellbraun über meist Rotbraun und Grau bis Schwarz reicht. Er trägt in der Mitte einen hellen, deutlich abgesetzten Längsstrich. Der Hinterkörper (Opisthosoma) ist lang und schmal, nach hinten verjüngt und auf dem Rücken mit einer breiten, dunkel gerandeten Zackenbinde versehen. Die Weibchen besitzen mittig auf der Unterseite des Hinterleibs einen aufgrund stärkerer Sklerotisierung der inneren und äußeren Strukturen auffallend dunklen Bereich (Epigyne) mit den beiden Begattungsöffnungen. Bei den Männchen ist die an der gleichen Stelle liegende Geschlechtsöffnung unauffällig. Bei der Listspinne variieren Zeichnungsmuster und Farben des Hinterleibs (Farbpolymorphismus), was schon Hahn (1827, 1834), Bösenberg (1903) und Le Pape (1972) hervorhebend beschrieben. Diese Zeichnung, die sowohl durch Haare als auch Hautpigmente hervorgerufen wird, ändert sich mit dem Heranwachsen (Ontogenese). Pénicaud (1979) fand fünf Typen in der bretonischen Population bei Rennes. Am verbreitetsten war Typ 3, gefolgt von 2, 5 (überwiegend Weibchen) und 1 (überwiegend Männchen): Typ 1 (Rosa und Schwarz), Typ 2 (gelbes Band), Typ 3 (blasses Zickzackmuster), Typ 4 (zwei Spangen) und Typ 5 (sechs Flecken). Männchen sind kontrastreicher als Weibchen gefärbt und erscheinen, vor allem im Kontrast zum weißen Brautgeschenk, schwarz. Weibchen werden oft zum Ende des Sommers blasser. Die Längsstreifen auf Vorderkörper und Hinterleib sind in allen Farbvarianten vorhanden. Sie wird als kryptische Färbung und auch als Schutzanpassung an optisch jagende Feinde gesehen. Die Kiefertaster (Pedipalpen), also das zweite Gliedmaßenpaar, sind bei Nymphen und Weibchen beinartig, bei Männchen am Fuß verdickt (Bulbus). Am Ende der Verdickung findet sich der Eindringer (Embolus), der das Sperma nach der Aufnahme vom Spermanetz bis zur Paarung aufbewahrt. Am äußeren Chelicerengrundglied befinden sich nur drei Zähne.
Die Listspinne ist in ganz Europa verbreitet. Nach Blandin (1976) kommt sie außerdem auf den Kanarischen Inseln und Madeira, im asiatischen Teil Russlands, in China und ganz Nordafrika vor. Während Roewer (1954) ihr Vorkommen für die ganze Paläarktis beschreibt, nimmt die Listspinne nach Pénicaud (1979) nur den westlichen Bereich des paläarktischen Verbreitungsgebiets der Gattung Pisaura ein. Seit Brignoli (1984) die Variationen der Weibchen beschrieben hat, ist die Verbreitung von Pisaura mirabilis außerhalb Europas höchst umstritten. Die Listspinne besiedelt fast alle Habitate, bevorzugt jedoch feuchte Lebensräume wie Feuchtwiesen, Niedermoore, Salzwiesen, Dünenbereiche, Waldränder und feuchte Hecken (Knicks). Sie kommt in allen Höhenschichten (Strata) vom Boden bis zu den Baumkronen vor. Lediglich unter Steinen und in Höhlen fehlt sie. Die Listspinne ist in Höhenlagen bis 1500 m heimisch.
Die Listspinne hat ihre Fortpflanzungsperiode im Frühjahr und Sommer. In der Regel erfolgen auch Eiablage und Kokonherstellung in dieser Zeit. Die Jungtiere überwintern. Die Listspinne fängt am Tag und in der Nacht Beute. An warmen Tagen ist sie auch im Winter aktiv.