Landkärtchen

Das Landkärtchen (Araschnia levana) oder der Landkärtchenfalter ist ein Schmetterling (Tagfalter) aus der Familie der Edelfalter (Nymphalidae). Der Artenname leitet sich von Levana, einer Gottheit aus der römischen Mythologie ab. Die Falter der zweiten in einem Jahr geborenen Generation unterscheiden sich stark von denen der ersten Generation. Man nahm deshalb früher an, dass es sich um zwei verschiedene Arten handle. Dieser Saisondimorphismus wird hier durch die Tageslänge während der Raupenentwicklung gesteuert. Die von der zweiten Generation stammenden Puppen überwintern. Aus ihnen werden Falter der ersten jährlichen Generation.

In den letzten Jahrzehnten hat der Falter sein Verbreitungsgebiet in Europa sowohl nach Norden als auch nach Süden erweitert. Das Landkärtchen wurde zum Schmetterling des Jahres 2007 gewählt.

Der Name des Falters begründet sich auf die Zeichnung der Flügelunterseiten, die mit einem Netz von Linien überzogen sind und daher an eine Landkarte erinnern. Der Gattungsname leitet sich vom griechischen Wort Arachne für Spinne ab und bezieht sich ebenfalls auf die Netzzeichnung der Flügelunterseite. Die falsche Schreibweise mit sch statt ch kann aufgrund der Nomenklaturregeln des ICZN nicht mehr geändert werden. Der Name der Frühlingsform levana leitet sich vom lateinischen levare (aufheben, entlasten, mildern) ab und bezieht sich auf das Erwachen der Natur im Frühjahr. Die Bezeichnung der Sommerform prorsa geht auf das lateinische Wort prorsus (vorwärts) zurück.

Die weiblichen Falter sind größer als die männlichen. Im Durchschnitt beträgt die Spannweite bei den Männchen 32 Millimeter bei der ersten bzw. 38 Millimeter bei der zweiten Generation; bei den Weibchen liegen die Spannweiten bei 38 bzw. 43 Millimeter. Der schlanke Körper ist schwarzbraun, unterseits heller, mit weißlichen Segmentringen, und leicht behaart. Als Merkmale der Gattung haben die Falter beider Generationen behaarte Facettenaugen und zottige Palpen. Die am Ende kolbenförmig verdickten Fühler sind etwa halb so lang wie die dreieckigen Vorderflügel mit ihrer stumpfen Flügelspitze. Die rundlichen Hinterflügel haben einen gewellten Außenrand.

Die Falter der Frühlingsgeneration sind kleiner als jene der Sommergeneration. Die Falter zeigen auf der Flügeloberseite eine bräunlichrote bis orangefarbene Grundfarbe, die mit schwarzen Flecken durchsetzt ist. Um die Spitzen der Vorderflügel befinden sich weiße Flecken. In der Submarginalregion befindet sich ein blaues Fleckenband. Damit ähnelt die Flügeloberseite jener der Schecken- und Perlmutterfalter.

Die Flügeloberseite der Sommergeneration hat eine schwarzbraune bis schwarze, manchmal auch blauschwarze Grundfarbe. Auf den Hinterflügeln befindet sich ein cremefarbenes, unterbrochenes Band, das sich auf den Vorderflügeln mit mehreren gleich gefärbten Flecken fortsetzt. Daneben befinden sich weitere solche Flecken auf den Vorderflügeln, die aber deutlich kleiner bzw. strichförmig sind. Die orangefarbene Färbung der Frühlingsgeneration ist nur durch feine Striche am hinteren Vorderflügelrand und besonders auf den Hinterflügeln in der Submarginal- und Postdiskalregion vorhanden. Die dunkle Flügelfärbung der Tiere mit dem hellen Band erinnert an den Kleinen Eisvogel (Limenitis camilla). Bei manchen Tieren der Sommergeneration scheint die levana-Zeichnung ganz schwach angedeutet zu sein. Das blaue Fleckenband der Frühlingsgeneration ist bei der Sommergeneration oft bis auf einen Fleck im Analwinkel reduziert.

Im Gegensatz zur Flügeloberseite unterscheidet sich die Flügelunterseite der beiden Generationen nur geringfügig. Die dunkle Grundfarbe, die bei der Frühlingsgeneration heller ist, wird von einer hellen Linienstruktur aus Schuppen auf den Flügeladern unterbrochen. Ein oft dunkel gesprenkeltes helles Band in der Postdiskalregion der Flügelunterseite ist bei der Sommergeneration stärker ausgebildet. Dagegen ist bei der Frühlingsgeneration ein verwischter violetter Fleck mit weißem Kern stärker ausgeprägt.

Neben der Färbung und Form der Flügel ist auch der Körperbau je nach Generation unterschiedlich. Bei den Faltern der Sommergeneration ist die Flügelform stumpfer, und im Verhältnis zum Körper sind Flügelfläche und Flügelmuskeln größer. Durch die stärkeren Flugmuskeln ist der Thorax schwerer, ebenso das Abdomen. Allerdings ist dieses im Verhältnis zum Thorax leichter als bei der Frühlingsgeneration, deren Weibchen mehr Eier legen, die im Abdomen gebildet werden.

Für die vielen in der Natur vorkommenden Abweichungen vom normalen Habitus der beiden Generationen wurden diverse infrasubspezifische Namen vergeben, die in der wissenschaftlichen Nomenklatur heute ohne Bedeutung sind. Nur die gelegentlich auftretende Zwischenform oder dritte Generation, deren Zeichnung zwischen den beiden anderen Formen liegt, wird als A. levana f. porima bezeichnet. Von manchen Autoren wurden abweichende (aberrative) Falter im Falle von prorsa als subprorsa bezeichnet, wenn sie dunkler sind und keine roten Pigmente auf der Flügeloberseite haben, bzw. als superprorsa, wenn sie heller sind und mehr rote Pigmente aufweisen als die Stammform. Äquivalent wurden dunklere und hellere Individuen bei levana als sublevana bzw. superlevana bezeichnet. Bei männlichen aberrativen Faltern, die anhand der Zeichnung nicht eindeutig der einen oder anderen Form zugeordnet werden können, ist eine eindeutige Zuordnung durch Genitalisierung möglich, wie sie sonst für die eindeutige Artzuordnung genutzt wird. Dabei werden die Geschlechtsorgane unter einem Lichtmikroskop untersucht. Die Penisspitze der Frühlingsgeneration ist lang und spitz im Gegensatz zur Sommergeneration, deren Penisspitze kurz und breit ist.