Getreidehalmwespe

Die Halmwespen (Cephidae) sind eine Familie der Pflanzenwespen (Symphyta), die eine paraphyletische Gruppierung an der Basis der Hymenopteren bilden. Weltweit sind derzeit 164 Arten bekannt. Einige Arten treten in Landwirtschaft und Gartenbau schädlich auf.

Halmwespen sind auffallend grazile und langgestreckte Pflanzenwespen mit sehr langgestrecktem, zylindrisch geformtem Hinterleib. Sie sind klein bis mittelgroß und haben eine Körperlänge zwischen 4 und 18 Millimeter. Der kurze Kopf ist sehr beweglich und deutlich vom Rumpf abgesetzt (lange Halsregion mit großen Cervicalskleriten). Die Fühler sind langgestreckt und fadenförmig mit vielen Gliedern (etwa 16 bis 30). Bei den Weibchen sind sie manchmal nach vorn schwach keulig verdickt. Am Rumpf fällt der langgestreckte, nach hinten fast gerade begrenzte Prothorax auf. Die „Cenchri“, das sind zwei oval geformte, raue Felder auf der Thoraxoberseite, die zum Festhalten der Flügel in Ruhestellung dienen, fehlen den Halmwespen. Durch dieses Merkmal sind sie unter den Pflanzenwespen isoliert, sie haben es mit den Taillenwespen (Apocrita) gemeinsam. Die schlanken Beine tragen an den Vordertibien nur einen endständigen apikalen Sporn. Die Krallen sind in der Regel zweispitzig, und oft an der Basis lappenförmig erweitert. Im Flügel ist das vordere Randfeld zwischen dem Flügelvorderrand (Costalader) und der dahinter parallel verlaufenden Ader (Radius/Subcosta) meist abgesetzt dunkel gefärbt, der übrige Flügel klar. Der Hinterleib der Halmwespen ist am zweiten Segment, von der Seite her betrachtet, deutlich etwas eingeschnürt und verengt. Diese Verengung ähnelt der „Wespentaille“ der Taillenwespen und ist an derselben Stelle ausgeprägt, aber im anatomischen Feinbau anders. Das Weibchen trägt am Hinterleibende einen auffallenden Legebohrer mäßiger Länge, dessen Spitze die Hinterleibsspitze merklich überragt (das heißt, er bzw. seine Scheide ist von oben sichtbar). Der Legebohrer ist je nach Verwandtschaftsgruppe stark säbelförmig gekrümmt oder fast gerade. Links und rechts von ihm am Hinterleibsende sitzen oft zwei lange, eingliedrige Fortsätze, die Cerci. Beim Männchen sind oft die Bauchplatten (Sternite) der hinteren Hinterleibssegmente umgebildet, oft eingesenkt oder mit auffallendem Borstenbesatz.

Die Halmwespen sind in der Regel schwarz gefärbt. Bei den vielen Arten sind gelbe Zeichnungselemente vorhanden. Häufig weisen die Hinterleibssegmente gelbe Bänder oder Linien auf, auch Teile der Beine und des Kopfes sind oft gelb gezeichnet.

Aufgrund der minierenden Lebensweise ist der Körperbau der Larven gegenüber den meisten anderen Pflanzenwespen abgewandelt. Die Larve ist weiß gefärbt. Die drei Beinpaare am Rumpf (Thorax) sind zu eingliedrigen Stummeln ohne Klauen reduziert, Bauchfüße am Abdomen fehlen vollständig. Das Hinterleibsende ist in der Regel zu einer, meist dunkel sklerotisierten, Spitze ausgezogen, die zur Verankerung dient.

Die Larven aller Arten minieren im Inneren von Halmen oder Zweigen (nie von Blättern). In jedem Stängel lebt bei den meisten Arten eine Larve, bei einigen Arten können es auch mehrere sein. Die meisten Arten legen ihre Mine in Grashalmen an (Tribus Cephini), andere leben im Inneren der Zweige von Bäumen und Sträuchern, mit einem Schwerpunkt bei den Rosengewächsen. Wenige Arten minieren in krautigen Pflanzen, fast immer krautigen Rosengewächsen, die im Mittelmeerraum verbreitete Gattung Pachycephus in Mohnarten. Die Imagines fliegen in der Regel im Frühjahr bis Frühsommer. Die Weibchen bohren die Eier mit ihrem Legebohrer in den Stängel der Wirtspflanze ein. Das Weibchen knickt dabei bei einigen (nicht allen) Arten den Hinterleib in der Verengungsstelle (der „falschen“ Wespentaille) zum Halm oder Zweig hin ab. Bei einigen Arten, die in Bäumen oder Sträuchern minieren, sticht das Weibchen vor der Eiablage viele Male schraubenförmig in den Zweig ein, der so oberhalb der Eiablagestelle abstirbt. Der minierte Zweig kann vielfach in dem bewohnten Teil etwas anschwellen. Die Larve frisst einige Wochen und macht in dieser Zeit einige (meist fünf) Häutungen durch. Im ausgewachsenen Zustand legt sie innerhalb der Pflanze ein Gespinst an, in dem sie sich verpuppt (bei wenigen Arten erfolgt die Verpuppung ausnahmsweise im Boden). In dieser Form erfolgt die Überwinterung als Puppe oder verpuppungsbereite Altlarve („Präpuppe“), bis im kommenden Frühjahr die neue Generation Imagines ausschlüpft. Soweit bekannt, besitzen alle Arten nur eine Generation pro Jahr (univoltin).

Die Halmwespen sind durch eine Reihe von Merkmalen innerhalb der Pflanzenwespen isoliert, so dass sie als einzige Familie (monotypisch) in eine eigene Überfamilie Cephoidea gestellt werden. Die Verwandtschaft der Cephoidea ist nicht vollständig geklärt. Traditionell wurde, vor allem wegen des Fehlens der Cenchri und der angedeuteten Wespentaille, angenommen, sie wären eng mit den Taillenwespen verwandt und möglicherweise ihre Schwestergruppe. Diese Position hat sich aber bei umfassenderen Untersuchungen nicht bestätigt. Heute werden die Halmwespen gemeinsam mit den Holzwespenartigen, den Schwertwespen, den Orussidae und den Taillenwespen in eine gemeinsame Verwandtschaftsgruppe gestellt, die als „Unicalcarida“ bezeichnet wird. Ihre genaue Phylogenie ist noch unsicher, wahrscheinlich sind die Halmwespen aber als basalste Gruppe die Schwestergruppe der übrigen Familien zusammengenommen.

Innerhalb der Halmwespen werden drei Unterfamilien unterschieden.