Totholz

Totholz wird in der Ökologie und insbesondere im Biotop- und Artenschutz als Sammelbegriff für abgestorbene Bäume oder deren Teile verwendet. Grob unterteilt wird dabei zwischen stehendem Totholz, also noch nicht umgefallenen abgestorbenen Bäumen oder deren Teilen, und liegendem Totholz, das bereits auf dem Erdboden liegt.

Die Bezeichnung Totholz wird hier in einem erweiterten Sinne gebraucht; sie schließt als Biotopholz hier auch (kleinräumig) geschädigte, kranke oder absterbende Bäume, Sträucher und deren Teile ein: Stehendes Totholz ist seltener, bietet aber meist eine größere Vielfalt an Standortfaktoren und ist daher ökologisch wertvoller als liegendes.

Totholz wird durch eine Vielzahl von Organismen genutzt, die sich im Laufe der Evolution an diesen Lebensraum angepasst haben. Je nach Holzart und Zersetzungsgrad (Stand des Verfallsprozesses) sind etwa 600 Großpilzarten und rund 1350 Käferarten an der vollständigen Remineralisierung eines Holzkörpers beteiligt. Zwischen Pilzen und Insekten bestehen unterschiedlichste Abhängigkeiten. Insekten übertragen Pilzsporen auf den Holzkörper, die Pilze können wiederum Nahrungsquelle und Teillebensraum für Insekten sein.

Dies führt dazu, dass jeder Totholztyp (ob liegend oder stehend, Stamm („Ammenstamm“)-Kronenholz oder Holzart) mit seiner eigenen Flora und Fauna assoziiert ist. Es entstehen Lebensgemeinschaften in der Rinde, im Holz, im Baummulm, in Baumhöhlen und in Sonderstrukturen wie Saftflüssen, Ameisennestern oder Brandstellen.

Viele Tiere und Pflanzen, die auf Totholz angewiesen sind, stehen auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Diese Arten sind in ihrer Lebensweise hochgradig auf bestimmte Zerfalls- und Zersetzungsphasen von Holz angewiesen. Pilze, Flechten, Moose, Farne und viele Insektenarten, wie etwa Ameisen, Hautflügler und Schmetterlinge, finden hier ihre Habitatnische. Der überwiegende Teil unserer 1000 Wespen- und Bienenarten ist auf Alt- und Totholz angewiesen.

Auswahl von Käfern im Totholz

Die Bedeutung des Totholzes für den Artenschutz ist besonders gut bei den Käfern zu belegen. So leben rund 25 Prozent aller in der Bundesrepublik Deutschland vorkommenden Käferarten am Holz verschiedener Zerfallsstadien. Die Gruppe der xylobionten Käfer weist in Deutschland einen sehr hohen Anteil bedrohter Arten auf. Viele dieser Arten zeigen spezielle Ansprüche hinsichtlich ihres Habitates. Spezialisierungen gibt es unter anderem bezüglich Baumart, bevorzugter Struktur (Rinde, Bast, Kernholz), Holzvolumen, Zersetzungsgrad, Lichtexposition, Feuchte sowie Pilz- und Insektenbefall.

Vorwiegend Laubgehölze bevorzugt etwa der Hirschkäfer (Lucanus cervus). Seine Larven leben an morschen Wurzeln alter Eichen, Ulmen und Obstbäumen, seltener an Weichhölzern. Auch ein Großteil der Bockkäferarten (Cerambycidae) wie der Große Eichenbock (Cerambyx cerdo) sind von Laubhölzern abhängig. Die Feuerkäfer (Pyrochroidae) befinden sich unter der Rinde von trockenem Totholz, die Larven dieser Tiere jagen Borkenkäfer im Holz. In Weichhölzern wie den Weiden leben unter anderem die Larven des Moschusbockes (Aromia moschata).

In Nadelhölzern sind verschiedene Prachtkäfer- (Buprestidae) und Runzelkäferlarven (Rhysodidae) zu finden. Der Hausbock (Hylotrupes bajulus) hat in trockenem Fichtenholz seinen natürlichen Lebensraum, die Larven des Fichtenbocks (Monochamus sutor) und des Gemeinen Fichtensplintbocks (Tetropium castaneum) bevorzugen das Kambium von Fichten und Kiefern und verpuppen sich später im Innern der Äste oder des Stammes. Der Mulmbock (Ergates faber) bevorzugt Baumstümpfe von Kiefern, ist aber in höheren Lagen auch an Fichten und Tannen zu finden.

Viele Käfertaxa sind allerdings auch weniger spezialisiert. Die Scheinbockkäfer (Oedemeridae) und ihre Larven sind in terrestrischem Totholz, aber auch in Treibgut und in verholzenden Teilen krautiger Pflanzen zu finden. Die Larven des Nashornkäfers (Oryctes nasicornis) entwickeln sich auch in Holzabfällen, hierzulande findet man sie vornehmlich in Komposthaufen. Ebenfalls an Holz und an anderen Substraten sind Buntkäfer (Cleridae) zu finden. Aus der Familie der Moderkäfer (Latridiidae) bevorzugt vor allem Latridius lardarius schimmelndes Holz, er ernährt sich von Schimmelpilzen. Für eine Reihe von Käfern stellt Totholz auch ein Winterquartier dar, etwa für viele Marienkäfer (Coccinellidae).

Einige Arten kommen nur dort vor, wo lange kontinuierlich viel Totholz vorhanden war. Sie werden als Urwaldrelikte bezeichnet.