Gewöhnliche Traubenkirsche
Die Gewöhnliche Traubenkirsche (Prunus padus L., Syn.: u. a. Padus avium Mill., Padus racemosa Lam.) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Prunus in der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Der Name kommt von den in Trauben angeordneten Blüten und Früchten. Sie wird auch Ahlkirsche, Sumpfkirsche oder Elsenkirsche genannt, seltener auch Elsbeere, was mit der Art Sorbus torminalis zu verwechseln ist; in Teilen von Österreich heißt sie Ölexen, Elexsen, Ölasn, Öxn, Ösn oder ähnlich. Prunus padus wird auch als Faulbaum bezeichnet, wegen seiner brüchigen Zweige und ähnlicher Borke, hat aber keine medizinische Bedeutung wie der Echte Faulbaum.
Ähnlich ist die aus Nordamerika stammende Spätblühende Traubenkirsche.
Die raschwüchsige Gewöhnliche Traubenkirsche wächst als sommergrüner, bis zu 15 Meter hoher dichter Baum oder seltener als ein bis zu 10 Meter hoher Strauch mit überhängenden Ästen. Der Baum bildet gewöhnlich eine tiefangesetzte und dichtbelaubte Krone von schlanker und kegelförmiger Wuchsform aus. Bei älteren Exemplaren beobachtet man eher eine säulenförmige und gewölbte Krone. Die Gewöhnliche Traubenkirsche besitzt einen relativ gerade gewachsenen Stamm, der eine Stärke von etwa 60 cm entwickelt. Die bogig aufsteigenden Äste verzweigen sich locker, die rutenförmigen Zweige hängen häufig über. Charakteristisch für die Gewöhnliche Traubenkirsche ist das große Ausschlagvermögen ihrer Wurzeln. Das Durchschnittsalter der Gewöhnlichen Traubenkirsche beträgt 60 Jahre, ihr Höchstalter wird auf 80 Jahre beziffert.
Die Rinde ist glatt und dunkelgrau; bei Verletzung der Rinde verströmt das Holz einen unangenehmen, scharfen Geruch. Die Borke bildet nur bei sehr alten Bäumen flache, längliche Risse aus.
Die schlanken Knospen sind lang zugespitzt mit häufig einer, meist nach innen gebogenen Knospenspitze. Die 6 bis 14 cm langen leicht behaarten Blätter stehen an 1–2 Zentimeter langen Blattstielen. Der Blattstiel besitzt an seinem oberen Ende häufig zwei grünliche Nektardrüsen. Die spitzen oder zugespitzten Blattspreiten entwickeln eine verkehrt-eiförmige bis elliptische Form. Auffällig sind die, zum fein gesägten Blattrand hin, bogig miteinander verbundenen Seitennerven. Die Blattunterseite ist graugrün gefärbt, die Blattoberseite zeigt eine matte dunkelgrüne Farbe. Die Herbstfärbung ist gelbrot.
Als Bestäuber der Gewöhnlichen Traubenkirsche treten vor allem Schwebfliegen, Bienen und Falter in Erscheinung. Nektar wird halb verborgen im Blütenzentrum angeboten. Bei ausbleibender Fremdbestäubung ist auch Selbstbestäubung möglich.
Ihr Laub dient mehreren Schmetterlingen aus der Familie der Eulenfalter und Spanner als Raupenfutter. Auch die Raupen des Zitronenfalters ernähren sich gelegentlich vom Laub dieser Pflanze.
Die Pflanze wird im späten Frühjahr nicht selten selektiv von Gespinstmottenlarven der Gattung Yponomeuta befallen, die sie kahl fressen und mit einem riesigen, silbrig schillernden, spinnwebenartigen Netz überziehen. Nach dem Verpuppen der Raupen erholen sich diese Gehölze meist wieder durch Neuaustrieb.
An Traubenkirschen leben 21 Großschmetterlingslarven und ihre Früchte dienen 24 Vogelarten als Nahrung. Die Vögel verbreiten so die Traubenkirschen-Samen. Ein englischer Name der Traubenkirsche ist bird cherry.
Das Verbreitungsgebiet der Gewöhnlichen Traubenkirsche erstreckt sich über Europa (außer Mittelmeergebiet und Balkanhalbinsel) bis nach Nordasien und nach Japan.
Im Auftrag der deutschen Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) wurden im Rahmen des Projekts Erfassung und Dokumentation genetischer Ressourcen seltener Baumarten in Deutschland in den Jahren von 2010 bis 2013 die Vorkommen von zehn seltenen heimischen Baumarten in den deutschen Wäldern ermittelt. Von der Gewöhnlichen Traubenkirsche wurden dabei in Deutschland rund 3,9 Millionen Individuen, vor allem in Auwäldern, erfasst. Verbreitungsschwerpunkte sind Niedersachsen mit 1,3 Millionen Exemplaren und Sachsen-Anhalt mit 900.000 Exemplaren.
Die Traubenkirsche meidet trockene und kalkreiche Böden, leicht kalkiger Boden wird aber meistens toleriert. Als älterer Baum steht sie eher einzeln, kommt aber als Verjüngung oft gehäuft in Form von Unterholz vor. Die Gewöhnliche Traubenkirsche bevorzugt nährstoffreichen, nassen oder zumindest feuchten Lehm-, Ton- oder Sumpfboden. Sie besiedelt daher vor allem Au- und Bruchwälder und besonders die etwas lichteren Stellen. Die Gewöhnliche Traubenkirsche ist ein Grundwasserzeiger. Sie ist in Mitteleuropa eine Charakterart des Verbands Alno-Ulmion, kommt aber auch in feuchten Gesellschaften der Ordnung Fagetalia oder Prunetalia vor.
In Rinde und Samen ist das cyanogene Glykosid Amygdalin enthalten, welches in Verbindung mit Wasser Blausäure abspalten kann.
Das Fruchtfleisch ist gekocht essbar und kann zu Marmelade verarbeitet werden. Das Holz ist weniger hart als Kirschholz und lässt sich gut verarbeiten. Das Splintholz ist hell, das Kernholz braungelb/rötlich mit grünem Muster. Es kann u. a. zum Drechseln, für Intarsien oder zur Herstellung von Spazierstöcken oder Gerätestielen verwendet werden.